Autos öffnen wie Sardinenbüchsen

Wolfgang Müller, HSt
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Der weiße Opel liegt umgekippt auf der Beifahrerseite. Die A-Säule des Fahrzeugs hat dem Schneidegerät der Feuerwehrmänner nicht viel entgegenzusetzen. Mit bis zu 100 Tonnen Schnittkraft trennt es das stabilisierende Metall vom Dach des Autos. „Jetzt achtet darauf, die Kraft dort einzusetzen, wo ihr eingeschnitten habt“, sagt Ausbilder Thorsten Haag von der Berufsfeuerwehr Wiesbaden. Zusammen mit Joachim Völkel aus Schwäbisch Hall bringt der Hesse am Wochenende 30 Feuerwehrleute aus dem Jagsttal auf den neuesten Stand. Wenn es gilt, bei schweren Autounfällen das Opfer aus seinem Wagen befreien, müssen sie wissen, wo der Hebel anzusetzen ist - unter Extrembedingungen und psychischem Druck.

Blech weg Einsatzort Bauhof Neudenau. Drei alte Fahrzeuge hat Kommandant Jörg Wagner vom Untergriesheimer Autoverwerter Bender organisiert. Die Feuerwehrmänner aus Neudenau, Möckmühl, Jagsthausen, Widdern und Roigheim sorgen mit Scheren, Spreizern und Zylinder dafür, dass den geschundenen Autos endgültig das Blech wegfliegt. Die Geräte der Güglinger Firma Weber-Hydraulik nehmen die alten Opel mühelos auseinander. Das Knacken des Metalls oder das Bersten einer Scheibe - mehr ist nicht zu hören.

Was so einfach aussieht, ist in Wahrheit schwere Arbeit, die viel Wissen verlangt. Denn mit den neueren Fahrzeugen etwa ab Baujahr 2007 habe sich einiges geändert. „Wir haben es mit verschiedenen Materialien zu tun: mit hochfesten Stählen, Kunststoffen und Aluminium“, sagt Ausbilder Völkel. Hier gelte es, ganz neue Aufsatzflächen und Widerlager zu finden, um ein eingeklemmtes Unfallopfer - die Feuerwehrleute sprechen von Patienten - effektiv und schnell aus dem Fahrzeug zu befreien. Oder zumindest dem Notarzt Zugang zu verschaffen. „Die psychische Belastung bei einem solchen Einsatz ist in der Regel größer als bei einer Brandbekämpfung“, sagt Kommandant Wagner.

Austernöffnung Die Feuerwehrmänner aus dem Jagsttal lernen schnell. Zunächst am Vormittag die Theorie. Danach an den Fahrzeugen in drei Teams die Praxis. Dazu gehört die Technik, wie man etwa eine sogenannte Austeröffnung erreicht. Das heißt, das Dach des Fahrzeugs nach einer Seite hin nach oben klappen. „Ich war schon beeindruckt, dass man ein Auto aufmachen kann wie eine Konservendose“, sagt Magnus Reichert von der Freiwilligen Feuerwehr Neudenau. „Wichtig ist aber auch, das Gelernte zu wiederholen“, ist Reichert sicher. „Und dass man sich mit der neuesten Technik auch selbst weiterentwickelt.“ Das ist im Sinne seines Kommandanten. Auch wenn sich drei Autos nur alle zwei bis drei Jahre organisieren ließen, so Wagner.

Jetzt werden die Teilnehmer erst mal ihre Kameraden in ihren jeweiligen Wehren über das Gelernte informieren. „Sie sind Multiplikatoren, die dafür sorgen, dass alle auf dem neuesten Stand sind“, sagt Wagner nach dem ganztägigen Lehrgang.

Bild: Der Schnittkraft von bis zu 100 Tonnen hat der Opel nicht viel entgegenzusetzen. 30 Feuerwehrleute lernten, wo sie die Schere richtig ansetzen. (Foto: Wolfgang Müller)

weitere Bilder gibt es auf der Homepage der Feuerwehr Neudenau –> www.feuerwehr-neudenau.de/bilder/weberseminar13/

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